Foto: DRA/Waltraut Denger
Das Hörfunkprogramm nach der Grenzschließung
»Pioniere voran!«
Kinder und Jugendfunk in der Mauerbauwoche
Im Hörfunkprogramm des Berliner Rundfunks und der Berliner Welle gab es nach dem Beginn des Mauerbaus einige Ausfälle. Feste Sendeplätze mussten Sonderprogrammen weichen. Zusätzliche Kindersendungen gab es keine.
Jugendfunk im Zeichen der sozialistischen Propaganda
Mit dem »Morgenlied des Kinderfunks« eröffnete der Berliner Rundfunk in der Mauerbauwoche wie gewohnt um 7 Uhr sein alltägliches Kinder- und Jugendprogramm. Die von der Redaktion ausgewählten Lieder stimmten oft in den Takt der staatlichen Propaganda ein, wie Liedtitel wie »Auf zum Sozialismus« oder »Ich darf die Fahne tragen« andeuten. Die Lieder zum Tagesbeginn wurden häufig so ausgewählt, dass sie auf aktuelle Ereignisse verwiesen. Passend zum IV. Pioniertreffen in Erfurt erschallte am 15. August feierlich das Lied »Pioniere voran« aus den Radios. Am Freitagmorgen wurde das Lied »Ernst Thälmann ist nicht tot« gesendet, um dessen Ermordung am 18. August 1944 im Konzentrationslager Buchenwald zu gedenken.
Die aktuellen Ereignisse rund um den Mauerbau wurden im Kinder- und Jugendprogramm des Berliner Rundfunks in dieser Woche ganz konkret zum Thema. Ein Beispiel hierfür sind die Sendungen des Jugendstudios des radio-clubs-berlin, die montags und mittwochs nachmittags planmäßig gesendet wurden. Am 14. August – zwei Tage nach der »Grenzsicherung« – widmeten sich »Atze und Bürschte« hier »Stimmen zu den neuen Maßnahmen unserer Regierung« mit einer Reportage vom Brandenburger Tor und stärker kommentierenden Beiträgen wie »Unser Klassenstandpunkt« oder »An die ehemaligen Grenzkinobesitzer«. In der Jugendfunkreihe »Auf ein Wort, Freunde« wandte sich zum Beispiel Siegfried Lorenz, Erster Sekretär der FDJ-Bezirksleitung Berlin, an die Berliner Jugend, um zu den Ereignissen zu sprechen.
Neben dem Mauerbau galt es, im Kinder- und Jugendfunk in dieser Woche noch ein zweites Großereignis gebührend zu begleiten: Durch die gesamte Woche wurde das IV. Pioniertreffen in Erfurt besprochen: Bis auf Sonntag, den 19. August, lief täglich eine Sendung »Erfurt ruft dich, Pionier!«. Und auch in der Abendgrußsendung »Der alte Mond« wurde das Thema gelegentlich nochmal aufgegriffen.
IV. Pioniertreffen in Erfurt vom 9. – 20. August 1961
Weniger Kinderprogramm als geplant
Die sich überschlagenden Ereignisse in der Woche nach dem 13. August führten dazu, dass Kinder- und Jugendsendungen in mehreren Fällen aktuellen Sondersendungen weichen mussten. Das Kinderprogramm verringerte sich dadurch spürbar. So wurde zum Beispiel die Kinderfunk-Sendung am 14. August zugunsten der Verlesung einer Mitteilung des Ministeriums des Innern gestrichen. Die restliche Sendezeit, die an dieser Stelle blieb, wurde mit Tanz- und Marschmusik gefüllt. Ein noch drastischer Programmwechsel, der bei den jungen Zuhörern zu Unmut geführt haben könnte, fand bereits am 13. August statt, als das geplante Kinderhörspiel »Was ist denn heut bei Findigs los?« gestrichen und stattdessen – wie mehrfach an diesem Tag – die Erklärung der Warschauer Vertragsstaaten und die Beschlüsse des Ministerrats zur Sicherung der Staatsgrenze der DDR verlesen wurden. Am 17., 18. und 19. August entfielen auch die nachmittäglichen Jugendfunk-Sendungen »Auf ein Wort, Freunde«. Freitags wurde an dieser Stelle ein »Kampfauftrag an alle Mitglieder der FDJ« gerichtet.
Das Kinderprogramm im Überblick
1961 gab es sechs Sender des DDR-Hörfunks. In den zwei großen Sendern, Berliner Rundfunk und Radio DDR, gab es jeweils eine Redaktion Kinderfunk, die für die Programmgestaltung für Kinder vom Vorschulalter an verantwortlich waren. Zusätzlich produzierte die Abteilung »Dramaturgie für Kinder- und Jugendhörspiel« Hörspiele für Kinder und Jugendliche. Überraschenderweise gab es zu dieser Zeit im Vergleich zum DDR-Fernsehen im Programm des Berliner Rundfunks aber nur relativ wenige Kinder- und Jugendsendungen. Es waren von Montag bis Freitag pro Tag nur vier feste Sendeplätze vorgesehen:
• »Auf ein Wort, Freunde«, Beitragsreihe des Jugendfunks im Frühprogramm vor 7 Uhr
• »Das Morgenlied des Kinderfunks«, immer um 7 Uhr
• »Kinderfunk«, eine halbstündige Sendung von 14:30 bis 15 Uhr
• »Der gute alte Mond«, Abendgrußsendung um 19 Uhr
Zusätzlich wurde sonntags von 10 Uhr bis 10:30 Uhr ein Hörspiel für Kinder ausgestrahlt. 1961 war dies ein Hörspiel aus der Sendereihe »Was ist denn heut bei Findigs los?«. Montags und mittwochs ab 10:00 Uhr gab es außerdem eine halbstündige Sendung, die mit verschiedenen Themen bespielt wurde, u.a. mit der Reihe »Singt mit uns, spielt mit uns«. Für jugendliche Zuhörer wurde montags und mittwochs am späten Nachmittag schließlich noch eine Sendung vom Jugendstudio des radio-clubs-berlin ausgestrahlt.
Einen festen Sendeplatz für Kinder im Ergänzungsprogramm der Berliner Welle hatte vermutlich nur die Abendgrußsendung »Unser kleiner Bär«, die um fünf Minuten vor sieben lief und nur 5 Minuten dauerte.
Rabea Limbach