Ab dem 2. November 1964 durften Rentner aus der DDR auf Beschluss des Ministerrats für vier Wochen pro Jahr auf Einladung von Verwandten in die Bundesrepublik reisen. Neben den Passierscheinabkommen, die Westberlinern auf Antrag in begrenzten Zeiträumen die Reise nach Ostberlin ermöglichten, eröffnete sich damit eine neue, wenn auch begrenzte Möglichkeit des Reisens zwischen den beiden deutschen Staaten.
Es war ein Ereignis, das sich in der Fernsehberichterstattung beider deutscher Staaten niederschlug. Bei »Retro Spezial DDR« in der ARD Mediathek geben wir mit einer Videosammlung Einblicke, wie das Ereignis im DDR-Fernsehen vermittelt wurde und in der westdeutschen Politik und in der ARD-Berichterstattung Wellen schlug.
Sind vonseiten des DDR-Fernsehen lediglich relativ nüchterne Nachrichtenverlesen überliefert, so finden sich im ARD Retro-Angebot der einzelnen Rundfunkanstalten Berichte von der Ankunft und den Aktivitäten der Rentner im Westen: Verwandte, die sich am Hamburger Hauptbahnhof in die Arme fallen, reisende Rentner bei einer eigens für sie organisierten Stadtrundfahrt durch Westberlin und ein eher bissiger Bericht des damaligen ARD-Politikmagazins »Anno« über niedrige Renten und schlechte Lebensverhältnisse in der DDR, der die These verfolgte, dass die DDR mit der Reisefreiheit ihre Rentner loswerden wolle – seien sie doch keine Unterstützung mehr für den sozialistischen Aufbau. Heute gilt diese These als umstritten.
In den Beiträgen spiegelt sich auch die Umgangsweise der Politik mit dem Ereignis: Auf der einen Seite inszeniert sich die DDR als menschenfreundlicher Staat, der seinen Bürgern Möglichkeiten zum Besuch bei ihren Verwandten ermöglicht. Auf der anderen Seite setzt sich die Bundesrepublik als »besseres System« in Szene, indem sie den relativ mittellosen Rentnern durch Geldzahlungen unter die Arme greift und sie feierlich willkommen heißt.
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